16. Juni 2021
STUDIUM GENERALE: „MEDIEN – MACH(T)EN – WIRKLICHKEIT“
Vortrag von Prof. Anja Hartmann und Prof. Dr. Gabriela Tullius im Rahmen des Studium Generale und der Vortragsreihe „Verantwortung für die Gesellschaft: Medien. Macht. Wirklichkeit.“
Menschen Mach(t)en Medien: Welchen Wandel gab es in der Mediennutzung? Welches Menschenbild schaffen wir uns durch die Medien? Welche Macht haben Medien über unser Bild der Realität? Und wie kommt dabei die Informatik zum Einsatz? Diesen Fragen widmeten sich Anja Hartmann und Gabriela Tullius in ihrem Vortrag „MEDIEN – MACH(T)EN – WIRKLICHKEIT“ im Studium Generale am 16. Juni 2021. Anja Hartmann ist Professorin für Audiovisuelle Medien und Gabriela Tullius ist Professorin für Interaktive und Kooperative Systeme. Beide lehren an der Hochschule Reutlingen und betrachten das Thema Medien aus der Perspektive der Informatik.
In Ihrem Vortrag ging Frau Hartmann unter anderem darauf ein, inwieweit die Medien Klischees bzw. Rollenbilder vermitteln. So wurde der Mann früher häufig als Beschützer der Familie dargestellt und die Frau als Versorgerin und Mutter. Dieses Bild zog sich dann in den Medien auch bis in die Nachkriegszeit hinein. Es entstanden Genderklischees, unter denen alle gleichermaßen standen. Der Mann musste immer stark sein, die Frau immer weich und biegsam. Diese Klischees ziehen sich teilweise noch bis heute durch. Frau Hartmann nennt an dieser Stelle eine Situation, die sie vor kurzem erst auf einem Spielplatz beobachtete. Ein kleiner Junge weinte aus Angst vor einem Klettergerüst. Der Vater reagierte darauf, indem er zu dem Jungen meinte, dass ein Mann nicht weint. „Ich denke das kommt von diesen Klischees, die in den Medien dargestellt wurden. Das man sagt ‚Mann muss stark sein‘“, so Frau Hartmann. Durch Klischees dieser Art wird durch die Medien eine Realität geschaffen, die von den Rezipierenden häufig übernommen wird.
Beide Referentinnen zeigen auf, dass ein Wandel sowohl in der Mediennutzung als auch in der Kommunikation durch Medien zu beobachten ist. Im Nachkriegsdeutschland war das Radio, zusammen mit Printmedien wie der Zeitung, bis Ende der 60er Jahren das Leitmedium schlechthin. Der Fernseher zählte zu dieser Zeit noch zu den Luxusartikeln. Ab Ende der 60er Jahre kam es dann jedoch zu einem Wandel und der Fernseher übernahm langsam die Rolle des Leitmediums und wurde immer mehr in den Alltag integriert. Diese Rolle hatte es auch lange Zeit inne. Die sogenannte Generation Z – die heute ungefähr 24-Jährigen – ist jetzt jedoch die erste Generation, die es bevorzugt online ihre Zeit zu verbringen, anstelle fernzusehen oder Filme zu schauen. Sie sind es gewohnt, ihre Inhalte selbst zusammen zu suchen, sodass sie auch Wissen fast ausschließlich über das Internet abrufen. Dort sind sie jedoch mit einer Vielzahl an Informationen konfrontiert, sodass sie selber entscheiden müssen, was ist eigentlich die Realität und was ist frei erfunden, bzw. sind Fake News?
In diesem Zuge fragen sich Frau Hartmann und Frau Tullius, was überhaupt unter ‚Realität‘ verstanden werden kann? Realität ist zunächst der Begriff, dass etwas ist, ohne Wertung. Die Realität ist zudem immer individuell. Diese individuelle Realität kann durch sogenannte Filterblasen entstehen. Wenn sich beispielsweise jemand für Katastrophenberichte interessiert und diese öfters anklickt, wird dies durch die Algorithmen gespeichert. Berichte dieser Art werden dann dieser Person häufiger vorgeschlagen. D.h. man wird immer mit demselben Content gefüttert und verstärkt als Folge die eigenen Ansichten. Diese dadurch entstandene beschränkte Wirklichkeit findet sich aber nicht nur in den Sozialen Medien, sondern auch dann, wenn z.B. immer nur die gleichen Zeitungen gelesen werden. Frau Hartmann merkt an: „Sehen tun wir nur, was gezeigt wird. Was gezeigt wird existiert und was nicht gezeigt wird, nicht. Das war aber schon immer so. Medien können nur ein Teil der Realität abbilden und das wird natürlich auch genutzt, um gezielt Realitäten zu erzeugen.“
Medien machen viel, auch mit unserer Gesellschaft. Frau Hartmann fügt an, dass häufig eine gewisse Negativität mitschwingt: Medien machen dumm. Sie füttern einen mit Inhalten, bis man irgendwann kein eigenes Denken mehr hat. Aber Frau Hartmann betont auch, dass die Medien früher einseitiger waren. Inzwischen kann man, vor allem über Social Media Plattformen wie Instagram, viel selbst mitgestalten. Die Nutzerinnen und Nutzer sind in diesen Bereichen auch medienkompetenter geworden und setzten sich bewusster mit diesen Medien und Inhalten auseinander. Frau Tullius fügt an, dass man eben wissen muss, wie die Medien die eigene Wirklichkeit ein Stück weit beeinflussen können, aber auch wie man sie anwendet, um einen Nutzen daraus ziehen zu können.
Miriam Feger, Volontärin, Stabsstelle Marketing und Kommunikation, Hochschule Reutlingen